IOI 2022: Erlebnisbericht
Erlebnisbericht über die internationale Informatikolympiade (IOI) in Yogyakarta in Indonesien vom 3. – 15. August 2022. Die Schweiz wurde von Josia John, Lukas Münzel, Linus Lüchinger und Elias Bauer vertreten.
Mittwoch, 3. August (Lukas)
Um 16:40 Uhr am 3. August begann unsere Reise Richtung nach Yogyakarta. Zuerst ging es nach Doha, der Hauptstadt Katars, von wo aus es um 1:40 Uhr nach Jakarta weiter ging. Während dem Flug las ich die ersten Kapitel eines mir empfohlenen und soweit empfehlenswerten Romans (“Oryx and Crake”), welcher eine postapokalyptische Welt aus Sicht eines etwas eigenen Teilzeiteremiten präsentiert. Zudem wurden diverse Diskussionen geführt, Tichu gespielt und vorallem auch geschlafen. Letztere Aktivität fand bei mir derartigen Anklang, dass ich das im Flugzeug servierte Mittagessen fürs Frühstück hielt und auch nicht weiter hinterfragte, weshalb mein Frühstück aus Fleisch mit Kartoffelbrei bestand. Zudem stellte sich es heraus, dass zufällig sowohl die ungarische als auch die polnische Delegation sich ebenfalls in unserem Flugzeug befanden.
Nach kurzer Übernachtung in Yakarta ging es dann ab 6:10 Uhr in Lokalzeit respektive kurz nach Mitternacht in Schweizer Zeit weiter nach Yogikarta. Glücklicherweise konnte in Yogyakarta anschliessend unser entsprechendes Schlafdefizit während 12,5 Stunden in einem AirBnB mit privatem Pool abgebaut werden. Soweit so gut für einen interessanten und erfolgreichen Start unserer Teilnahme an der 34. Internationalen Informatikyolympiade.
Samstag, 6. August (Linus)
Der Samstag war unser Yogyakarta-erkunde-Tag. Wir sind erst um 10:50 aufgestanden, weil wir nach der Anreise alle ein bisschen und übermüdet waren. Danach ging es relativ bald los, mit dem Taxi Richtung Innenstadt. Als Erstes wurden wir von einem Künstler dazu motiviert, uns seine Kunstausstellung von traditioneller, indonesischer Batik anzusehen. Einige von uns wurden sogar dazu überzeugt, sich ein Stück Stoff zu kaufen. Danach besichtigten wir die Malioboro Mall und assen dort in einem Asia-Restaurant Mittagessen. Am Nachmittag begaben wir uns Richtung Tempel des yogyakartischen Sultans. Der Weg führte durch unterschiedliche Quartiere und so sahen wir doch einiges vom yogyakartischen Stadtleben. Beim Palast wurden wir erneut von Einheimischen angesprochen, der erstaunliche Kentnisse über die Schweiz hatte und uns zu einem deutschsprechenden Puppenhersteller brachte. Der Puppenhersteller zeigte uns wie man traditionelle Puppen herstellte und bewies erstaunliche Kenntnisse über Sprachen und Teilchenphysik. Wieder auf der Strasse versuchte unser selbsternannte Guide und davon zu überzeugen, die Spezialitäts-Kaffee-Produktion anzuschauen. Wir lehnten ab, aber wurden vom Nächsten 50 m weiter dann doch dazu überzeugt. Der Produktionsweg des Kaffees, welcher „Kopi Luwak“ genannt wird, führt durch indonesische Katzenähnliche. Nachdem diesem Abschwenker bestellten wir ein Taxi und fuhren zurück zum Airbnb. Wir ruhten uns kurz aus und gingen in ein Restaurant, um Abend zu essen. Danach assen wir Eis in einem für indonesische Verhältnisse sehr luxuriösem Schuppen und begaben uns zurück zum Airbnb um zu schlafen.
Sunday, 7 August (Elias)
Today we slept in again until 8AM to get rid of the last bits of jetlag. After eating breakfast, some people from the IOI picked us up from our AirBnB and took us to the Rich Jogja Hotel, where we were going to stay for the duration of the IOI. After arriving there, we were greeted by our guide, who would be accompanying us for the week and showing us around. We got some cool IOI merch (Backpacks, T-shirts, etc.) and some giveaways from the brands sponsoring the IOI. We were then showed to our rooms, from which we had a great view of Jogjakarta and the small mountains surrounding the city. We then ate lunch in an amazing rooftop restaurant located right in the hotel together with the Bosnian tem. After we were full, we walked around the hotel a bit and talked to other participants. Some of us even went to the pool for a swim where we met the Danish team. All the socializing made us hungry again so we went back to the restaurant to eat dinner. We played card games with the other participants, like mau for example, a game that I got very scammed my in the beginning as I didn’t understand the rules at first. Some of us then went to the game room for a bit and played other games like ping-pong and tichu. Exhaused from the long day we went to bed by around 10:30.
Montag, 8. August (Linus)
Der Montag hat für uns um etwa 7:45 gestartet. Wir genossen ein ausgewogenes Frühstück, was, scheinbar typisch indonesisch, hauptsächlich aus Mittag/Abendessen besteht. Als Nächstes fanden die Introduction Games statt. Deshalb waren viele Teilnehmer im Spielraum und spielten diverse Spiele. Wir Schweizer haben eine Runde Mao auf dem Boden gespielt. Da immer mehr Leute dazukamen, mussten wir irgendwann noch 2 zusätzliche Kartensets holen und die Runde in zwei Kreise aufteilen. Schlussendlich waren ca. 20 Personen mit uns hinten auf dem Boden am Mao spielen. Nach einigen lustigen Runden Mao war es schon Zeit für Mittagessen. Kurz darauf besammelten wir uns vor dem „Imperial Ballroom“ in unserem Hotel, worin ein Probecontest stattfinden sollte. Es dauerte fast eine ganze Stunde, bis alle Teilnehmer an ihrem Platz waren und sich eingerichtet hatten. Von 2 bis 4 Uhr fand ein Probecontest statt, bei welchem sich die Teilnehmer mit der Einrichtung vertraut machen konnten, während sie 2 einfache und 2 mittelschwere Problem lösten. Nach erfolgreichem Probecontest ruhten wir Schweizer uns im Zimmer von Josia und Lukas aus. Um 6 Uhr assen wir Abendessen. Wie schon am Vorabend spielten wir danach diverse Spiele mit diversen Leuten. Nach den Spielen gingen wir alle nach und nach auf unser Zimmer und lagen uns zur Ruh.
Tuesday, 9 August (Elias)
Today was the day of the opening ceremony. After eating breakfast in the rich hotel, the more then 350 participants were loaded up into lots of buses and driven to the Indonesian Institute of the Arts where the ceremony was held. It was very fancy! It started out with brass instruments outside of the door. Then after we had found our seats, there was an entire orchestra that played music for us. We then listened to speeches from indonesian politicians and IOI organizers. There was even a “IOI Song” that was composed for us, which is a nice touch, even if it was a bit cringe. They then officially opened the IOI with an extremely cool animation and at the end of the ceremony we got some more musical performances for us. After it was over, we went outside the building to take lots of photos and socialize a bit. We then took the buses back to the hotel just in time for lunch. In the afternoon, not much happened. Some of the Swiss delegation went into the pool and played games with people from other countries. After dinner we then went to bed early to be fresh for the contest tomorrow.
Mittwoch, 10. August (Linus)
Der Mittwoch war unser erster Contest-Tag. Wir schliefen aus, da es am morgen kein Programm gab und wir Schlaf tanken wollten für den Contest. Um etwa 9.30 Uhr standen wir auf, assen Frühstück und machten uns bereit für den Contest. Schon um etwa 11 Uhr assen wir schon wieder, diesmal Mittagessen. Danach begaben wir uns Richtung Imperial Ballroom, in welchem der Contest stattfinden sollte. Wir vertrödelten noch viel Zeit direkt vor der Contest-Halle, um nicht zu lange darin warten zu müssen. Nachdem wir allen viel Glück gewünscht haben und uns von allen viel Glück gewünscht wurde, betraten wir die Halle. Wir mussten noch ca. 15 Minuten an unserem Platz warten, ohne etwas anzufassen, bevor wir uns auf die Probleme stürzen konnten. Nach 5 intensiven Stunden durften wir die Halle verlassen. Wir wurden von unseren Leitern empfangen, welche uns schon das Ranking mitteilten. Zur Feier des ersten Contest-Tages gab es danach ein spezielles Abendessen zusammen mit den Leitern und mit Livemusik. Nach dem Abendessen hatten wir die Möglichkeit den Contest zu analysieren. Wir konnten noch einmal zu unserem Arbeitsplatz und alles anschauen, um Unklarheiten mit den Leitern oder anderen zu besprechen. Den Abend verbrachten wir dann ausnahmsweise alleine und bearbeiteten Fotos und schrieben Blogposts. Relativ früh gingen dann wieder nach und nach alle ins Bett.
Thursday, 11 August (Elias)
After eating breakfast today, we once again took the bus to the Indonesian Institute of the Fine Arts for cultural workshops. There where different activities like dancing, photography, comic drawing, and many more. Unfortunately we couldn’t choose what activity we wanted to do, we were assigned ahead of time. The Swiss team ended up doing traditional dancing, which bummed me out at first because there were other workshops that seem ed more fun for me, at least. The dancing ended up being quite fun though. First some people who trained there showed of their dance, and then it was our turn. We were split up into five groups, each with two of the professional dancers, who then taught us the basic moves and patterns. Afterwards, every group performed the dance we had learned to the other group, accompanied by music. At the end, we then all danced together, with a mix of all the different moves. All the dancing made us hungry, so luckily there was lunch right there at the insitute. It was buffet style, just like in the hotel, but there were also some stands for special Indonesian food, which turned out to be very spicy. We then headed back to the hotel for a Huawei talk. The talk was interesting, and gave us insights into the workings of the company. Alot of people asked questions, including me. Most of the questions were quite critical of Huawei, but nevertheless, all the people who showed interest by asking them got earbuds. Me too :). We then had dinner and went to bed early so we would be fresh for the next day.
Freitag, 12. August (Linus)
Am Freitag fand der zweite und letzte Contest statt. Bis Contest-Ende verlief es ähnlich wie am Mittwoch: Wir schliefen aus, assen spät Frühstück und früh Mittagessen und verweilten lange vor der Contest-Halle. Nach dem Contest wurde aber gefeiert, weil wir jetzt nicht viel schlafen mussten. Nach der Analyse gingen wir in den Game-room, wo wir lange mit vielen Delegationen Spiele spielten. Wir gingen schlussendlich ca. 2 Uhr schlafen.
Samstag, 13. August (Lukas)
Nach dem zweiten Wettbewerbstag war zum ersten Mal der Druck den eigenen Schlafrythmus nicht direkt in die tiefsten Abgründe des Chaos zu werfen entfernt. Dementsprechend stand ich heute für meine Verhältnisse spät, also circa zehn Minuten vor zehn, auf. Ein Schätzungswettbewerb à la Fermi des Traidingunternehmens Jane Street begann allerdings um zehn, entsprechend duschte ich zügig und rannte dann vom 9. Stock ins Untergeschoss, um noch knapp pünktlich zu erscheinen. Um eventuell ein Gusto für die gestellten Aufgaben zu geben: Welche Masse hat die International Space Station (ISS)? Was ist die kleinste positive Ganzzahl, welche keinen indonesichen Wikipediaartikel hat?
Anschliessend fand ein Talk über die Blockchain “Tezos” statt, der auch tiefer in gewisse interessante technische Details ging, so wurde uns beispielsweise “Merkle trees” erklärt. Mehr konkrete Fragen konnten auch noch Abends in kleinerer Runde gestellt werden, hierbei war vorallem bemerkenswert, dass der Mitgründer von Tezos den wohl in Teilen übermässig aufgeblasenen Kryptohype durchaus kritisch betrachtete und die Rolle seiner Firma klar in einer nachhaltigeren Strategie als dem Jagen nach der nächsten Schlagzeile sieht.
Vor dieser Diskussionsrunde in kleinerem Rahmen fand die “cultural night” beim Borobudur Tempel statt. Hierbei durften diverse Teams lokale Tänze oder Lieder aufführen. Nach Initiative gewisser Teilnehmer wurde entschieden, dass Manni Matters “I han es Zündhölzli azündt” von der Schweizer Delegation aufgeführt werden solle, was was durchaus Erlebnis war - vorallendingen, da ich die Lyrics zu diesem Lied zum ersten Mal zehn Minuten vor der Aufführung hörte.
Nachdem anschliessend voller Enthusiasmus gemeinsam getanzt wurde, unterhielt ich mich noch bis um drei Uhr morgens mit Teilnehmern diverser Delegationen. In besonderer Erinnerung bleibt mir diesbezüglich ein Kolumbianer, welcher mir voller Enthusiasmus mögliche Anpassungen des Wirtschaftsystems, beispielsweise in Form eines bedingungslosen Grundeinkommens, an die potentiell durch fortgeschrittene künstliche Intelligenz geschaffene wirtschaftliche Ungleichheit vorstellte.
Sonntag, 14. August (Lukas)
Heute brach leider bereits der letzte offizielle Tag der IOI an. Die entsprechende Abschlusszeremonie hatte es jedoch in sich. So wurden diverse Tänze aufgeführt, die Prinzessin Yogykartas (welche Informatik studiert hat!) hielt eine sehr gute Rede, die Medaillengewinner wurden geehrt und schlussendlich wurde die Zeremonie mit einem grossen Feuerwerk abgerundet.
Nach dieser imposanten Abschlusszeremonie verbrachten wir mit Teilnehmer:innen aus Bosnien, Aserbaidschan, England, Irland und Kolumbien die gesamte Nacht mit Tischtennis und diversen Gesprächen, beispielsweise darüber, wie sich unsere Lebensweisen unterscheiden oder wie der Mensch Riesenfaultiere schon Jahrtausende vor der industrillen Revolution ausrottete. Um 6:30 Uhr entschieden wir uns dazu, den Pool auf dem Dach unseres Hotels zu nutzen. In diesem Pool fanden wir nicht nur eine stark benötigte Erfrischung, denn wir konnten auch die wunderschöne aufgehende Sonne beobachten und klatschten sogar zu von der irischen Delegation gesungenen Volksliedern. Nach dem anschliessenden Schlaf bis in den frühen Mittag waren leider die meisten Delegationen bereits abgereist und die IOI somit wirklich vorbei.
Zu guter Letzt würde ich noch gerne einen weniger amüsanten Gedankengang anfügen: Grundsätzlich ist man sich als Schweizer ja zumindest abstrakt bewusst, dass man im Durchschnitt ein priviligiertes Leben führt. Dennoch regten mich einige Tischgespräche zum Denken an. So ist beispielsweise Aserbaidschan aktiv an einem Krieg beteiligt. Ein Bolivianer erzählte mir, wie während dem Lockdown Panzer die Strassen patrouillierten, da die politische Situation derartig angespannt war. Bis 1994 wurde Dunkelhäutigen in Südafrika ihr Wahlrecht verwehrt. Obwohl mir die Existenz solcher bemitleidenswerten Situationen bewusst war, machte deren Erzählungen von jemandem aus Fleisch und Blut anstelle eines Geschichtsbuchs diese Ereignisse - in Ermangelung eines passenderen Wortes - realer. Deshalb kehre ich nun mit mehr Dankbarkeit für meine Lebenssituation und vielen sehr guten Erinnerungen in die Schweiz zurück.