IOI Results
Die 21. Internationale Informatik Olympiade in Bulgarien ist vorbei und die Schweizer Delegation ist heute nach einer interessanten aber auch anstrengenden Woche zurück gekehrt. Über 300 Schüler aus mehr als 80 Ländern haben sich während zwei Contesttagen an je 5 Stunden im Problemlösen und Programmieren gemessen. Das harte Training der Schweizer Delegation während des letzten Jahres hat sich ausbezahlt, denn wir konnten dank Simon Laube und Daniel Graf (beide aus Sargans) zwei Bronze Medaillen mit nach Hause bringen. Das offizielle Ranking findet man hier: http://www.ioi2009.org/index.jsp?ln=2&id=364
Wir möchten an dieser Stelle Simon Laube und Daniel Graf, sowie den zwei weiteren IOI-Teilnehmern Florian Scheidegger (Interlaken) und Adrian Roos (Bern) herzlich zu ihren Leistungen gratulieren.
Reisebericht
Anreise
Am Mittag des achten Augusts ging die Reise Richtung Bulgarien los. Unser Team, bestehend aus den Teilnehmer Adrian Roos, Simon Laube, Daniel Graf, Florian Scheidegger und den Teamleadern Monika Steinova und Sandro Feuz, traf sich am Flughafen in Zürich. Sandro verteilte sogleich die Einstiegsaufgaben, welche die ersten spannenden Diskussionen hervorriefen und die Wartezeit überbrückten. Gemeinsam gelang es uns durch aufstellen von Theorien und suchen von Gegenbeispielen eine Lösungsstrategie zur Aufgabe Hill zu entwickeln.
Im Wesentlichen geht es darum, einen Berg auf einer Karte zu finden, indem man mittels Laser-Scanner die Höhe einzelner Zellen abfragt. Die Anzahl dieser Abfragen muss man minimieren.
Während des zweistündigen Fluges nach Sofia implementierten wir die Lösung und konnten uns an einfachen Testfällen selbst vergewissern, dass unsere Idee korrekt ist. Ein Car transportierte uns von der Hauptstadt weiter nach Plovdiv, der zweit grössten Metropole in Bulgarien. Positiv überrascht von dem fünf Stern Hotel und unseren sympathischen Guids, genossen wir nach dem Bezug der Zimmer die Vielfalt des Buffets. Bulgarische Speisen bestehen aus Salaten, typischerweise Gurken- und Tomatensalaten, Hauptgänge mit wenig Beilagen und eine reichliche Auswahl an Desserts, welche so vorzüglich waren, dass zeitweise ein Mangel entstand. Um in den folgenden Tagen den Genuss nicht zu verpassen, invertieren wir einfach die gängige Ess-Reihenfolge.
Am Abend schlenderten wir, geführt von unserem Guid Elisabeth, kurz Elli, durch die Altstadt von Plovdiv. Sie erzählte uns historische Gegebenheiten und erklärte uns, dass sie in Plovdiv Sprachen studierte.
1. Tag
Der erste volle Tag in Plovdiv sollte erst einmal mit einem schmackhaften Frühstück beginnen. Doch es kam natürlich anders: Frühstück von 7 bis 9 heisst auf Bulgarisch «Abmarsch um 8.30» und so konnten leider nur die Hälfte unseres Teams mit vollem Magen zur Trainingssession antreten.
Auf dem Gelände der Plovdiv International Fair, wo später der Wettbewerb stattfand, konnten wir uns dann mit dem Computer- und Gradingsystem vertraut machen. Die beiden einfachen Probleme waren schnell gelöst und sämtliche Funktionen des Systems ausgelotet. Nach zwei Stunden war es endlich Zeit für die Führung durch die Altstadt.
Plovdivs Stadtkern hat einiges an historischen Schätzen zu bieten; Einen der Höhepunkte der Führung bildete das erstaunlich gut erhaltene römische Theater auf dem Hausberg von Plovdiv. Aber auch die eindrückliche Architektur der «Bulgarischen Renaissance» sowie die zahlreichen malerischen Kunstwerke und die reich geschmückten Kirchen brachten uns zum Staunen, während andere dem gemütlich ein Bierchen vorzogen. :P
Bei der Eröffnungsfeier, welche ebenfalls in einer Halle der Plovdiv International Fair stattfand, konnten Sprachbegeisterte die bulgarische Ausdrucksform näher kennenlernen. Unsere ungeteilte Aufmerksamkeit gehörte allerdings den bulgarischen Traditionen, welche uns in Form von Tanz und Musik näher gebracht wurden, wie ein Beweisfoto einwandfrei zeigt.
2. Tag
Am nächsten Tag erwartete uns bereits der erste Wettbewerbstag. Mit einem etwas mulmigen, aber doch zuversichtlichen Gefühl im Bauch betraten wir die riesige Halle 7G der Plovdiv International Fair, wo eine Armada von 800 Computern die Olympioniken bereits erwartete. Der Arbeitsplatz war schnell gefunden und schon ging es los. Fünf Stunden und (nicht ganz) vier Aufgaben waren wir fertig und freuten uns höllisch auf das Mittagessen.
Den freien Nachmittag nutzten wir, um die Stadt auf eigene Faust weiter zu erkunden und um uns mit dem Nötigsten an Lebensmitteln einzudecken.
Am Abend war eine sogenannte «Disco Party» angesagt. Leider trug weder die aufgelegte Musik noch die ausgesprochen schlechte Geschlechterdurchmischung zur Stimmung bei, und so beschlossen wir, zusammen mit einigen Guides das Nachtleben in Plovdiv noch ein wenig weiter auszukundschaften.
3. Tag
Am dritten Tag stand der erste Contest auf dem Programm. Nach dem Morgenessen wurden wir auf das Gelände der Internationalen Messe Plovdiv geführt. In einer grossen Halle erwarteten die etwa 300 Teilnehmer ungeduldig den Start des Contests. Es gab sogar Teilnehmer, die es nicht erwarten konnten und schon vor der Bekanntgabe der Aufgaben zu Programmieren begannen. Punkt 9 Uhr wurde der Wettbewerb gestartet und alle stürzten sich sogleich auf die Aufgaben. Die einfachste Aufgabe hiess POI und das Ziel war die Rangliste der Plovdiver Informatik Olympiade zu erstellen. Diese Aufgabe war bewusst einfach gestaltet um den Contestants eine kleine Fingeraufwärmübung anzubieten. Nach 5 Stunden wildem Programmieren war der erste Contest vorbei und wir diskutierten unsere Lösungsansätze in der Gruppe.
Im Anschluss zum Mittagessen wurden uns die Resultate mitgeteilt und wir konnten unseren Quelltext mit den Leitern diskutieren. Bereits nach kurzer Zeit kursierten schon inoffizielle Ranglisten im Internet und die Spekulationen über mögliche Medaillen wurden lanciert.
Am Abend wurde im Hotelpark eine Disco-Party veranstaltet wo die Teilnehmer das Ende des ersten Contest feierten.
4. Tag
Der 11. August stand ganz im Zeichen der Erholung von den geistigen Strapazen des Wettbewerbs. Unser Reiseziel am Morgen war eine Go-Kart-Bahn mit Bowling Anlage. Wir durften 4 Runden mit einem Kart drehen was sehr viel Spass machte. Leider waren es nur 4 Runden und man musste nach dem man den Kart in den Griff bekam auch schon wieder aufhören.
Am Nachmittag stand eine ganz andere Aktivität auf dem Programm. Wir besuchten den grossen Aquapark von Plovdiv. Es ist eine grosse Anlage mit vielen verschiedenen Rutschbahnen, die uns sehr begeisterten. Eines der Hauptatraktionen war die grosse Wasserhalf-Pipe. Man rutschte auf einem luftgefüllten Torus über die fast senkrechte Seitenwand in die Half-Pipe hinein.
5. Tag
Erholt von dem Freizeittag standen wir an diesem Morgen, geweckt von dem Hotel internen Weckservice, auf. Analog wie am ersten Contest-Day, durften wir den Weg nach dem Frühstück zum Austragungsort zurücklegen. Vertieft in letzte Diskussionen über mögliche Aufgabentypen passierten wir inmitten einer Gruppe von jugendlichen, mit Tastaturen ausgerüsteten Informatikern eine vierspurige Hauptstrasse. Die Polizei blockierte den stark pulsierenden Morgenverkehr, um uns Durchgang zu gewähren. Überpünktlich gelangten wir aufs Gelände und mussten auf den Einlass ins Gebäude warten. Nach den ermunternden Worten von unserem Guid und unseren Kollegen und nach einer strengen Kontrolle am Eingang startete der Contest. Fünf Stunden Zeit um vier Aufgaben zu lösen.
Bei der einfachsten Aufgabe ging es darum, die Gesamteinnahmen eines Parkhauses währen eines Tages zu berechnen. Der Preis eines einzelnen Parkfeldes ist Zeit unabhängig, die Kosten richten sich nach dem Gewicht der einzelnen Autos, sowie nach der Kostenrate des Parkfeldes, die für jedes Feld individuell ist. Die einfahrenden Autos parkieren jeweils auf dem ersten freien Feld. Falls kein solches vorhanden ist, warten die Autos in einer Kolonne, bis ein Platz frei wird. Gegeben sind die Daten bezüglich der Parkplätze, der Autos und deren chronologische Ankunftsreihenfolge. Die Lösung dieses Problems ist ein Programm, das die ganze Situation durchsimuliert und alle Regeln und Spezialfälle beachtet.
Am Nachmittag, während des verspäteten Mittagessens diskutierten wir über mögliche Lösungen. Es ist erstaunlich wie viele neue Erkenntnisse man dabei gewinnen kann. Hätte man schon früher die springende Idee gehabt! Erfreut über die Anerkennung der Kollegen über die eigene Lösung oder vielleicht auch ein wenig enttäuscht von der fehlenden Idee, kann man diesem Tag auf jeden Fall eine positive Seite mit vielen neuen Erfahrungen abgewinnen.
Am Abend erhielten wir die Möglichkeit unseren eingesandten Quellcode zu korrigieren und zu überarbeiten. Manchmal können nur geringfügige Änderungen den Durchbruch bewirken. Ausserdem bekamen wir die Bewertung zurück, das heisst wir konnten einsehen, wie viele Punkte unser Programme erzielt hatten. Eine offizielle Rangliste existierte zu diesem Zeitpunkt noch nicht – ein streng gehütetes Geheimnis der Organisatoren, das für Spannung in den folgenden Tagen sorgte – und förderte die Gerüchteküche bezüglich der Rangliste und somit der Medaillenchance.
Etwas stolz über die erbrachte Leistung und auch erleichtert die stressige Zeit überwunden zu habe, konnte man die laue Nacht draussen im Garten des Hotels tanzend verbringen, oder man genoss gemütliche Abendstunden in der Altstadt.
6. Tag
An diesem Tag stand die Exkursion ans Schwarze Meer auf dem Programm. Weil Plovidv mehrere hunderte Kilometer entfernt von der Küste lag, dauerte die Reise mit dem Car entsprechend lange. Bereits am Morgen in aller Früh weckten die Guids uns überpünktlich, um in einen der zwölf Cars einzusteigen. Leider waren wir gezwungen, dort relativ lange auf die Abfahrt zu warten. Während der Reise nutzte man die Möglichkeit fehlenden Schlaf nachzuholen. Ausserdem gilt zu erwähnen, dass die Polizei uns eskortierte. Es ist enorm, wie viel Aufwand betrieben wurde um uns schnell durch den Morgen- beziehungsweise Abendverkehr zu navigieren. Wir hielten an zwei Orten an, um eine kurze – zwanzig bulgarische Minuten, was bedeutete, dass sich die Zeitspanne etwa auf das Doppelte ausdehnte – Pause einzulegen. Auch dort verschaffte uns die Polizei freien Raum und riegelte die ganze Hauptstrasse ab, nur um die Ein- und Ausfahrt zu regeln. Insgesamt klappte die ganze Organisation wie am Schnürchen um mehr als fünfhundert Personen diese Distanz zu transportieren.
Froh die lange Reise überstanden zu haben, stieg man erwartungsvoll aus und lief zum Strand. Dieser erstreckte sich über mehrere Kilometer, man konnte am einen Ende ein touristisches Dörfchen und auf der anderen Seite eine Felsküste, in der Ferne einige Hochbauten erkennen. Trotz des schönen Wetters und der Nähe von vielen Menschen, war der Strand nicht überlaufen, man konnte getrost einnicken und sich von der Sonne bräunen lassen. Auch sportliche Aktivitäten durften nicht fehlen: Man hatte die Möglichkeit Beach-Volleyball oder Soccer zu spielen. Schlussendlich verbrachte man auch viel Zeit im Wasser oder musste sich wenigstens ab und zu abkühlen.
Leider mussten wir schon wieder aufbrechen um die lange Rückreise zu bewältigen. Wir diskutierten darüber, wieso wir überhaupt mit Programmieren begonnen haben. Es stellte sich heraus, dass jeder mehr oder weniger zufällig, den eigenen Interessen und Motivationen folgend, darauf aufmerksam wurde und mit der Zeit sich weiter entwickelt hat. Alle von uns hatten ausserdem Maturaarbeiten geschrieben, in welchen das Programmieren einen zentralen Punkt gespielt hat und ohne diesen Teil überhaupt nie möglich gewesen wäre.
7. Tag
Nach der langen Busfahrt vom Vortag waren wir etwas schockiert, als bereits wieder ein Car vor dem Hotel stand. Glücklicherweise dauerte die Fahrt nur einige Minuten und schon waren wir in einem der grössten Einkaufszentren der Stadt. Leider stellte sich der versprochene Kinobesuch als kompletter Flop heraus, da die Kinos in Bulgarien leider nicht um 10 Uhr öffnen, und auch an Schnäppchenjagd war nicht im Entferntesten zu denken, sind doch die Preise in Bulgarien für Importprodukte beinahe noch höher, als in der Schweiz.
Den Nachmittag verbrachten wir im ausgezeichneten Wellness-Bereich unseres Hotels; von Sauna über Whirlpool bis Dampfbad war alles vorhanden. Einzig das Badekappenobligatorium für das Schwimmbecken hat uns etwas gestört, weil die selbst für das günstigste Modell ein horrender Preis verlangt wurde.
Nach dem Abendessen ging’s weiter mit der Schlusszeremonie. Selbige fand im bereits erwähnten Antiken Theater im Zentrum Plovdivs statt und begann wieder einmal mit einem Phototermin. Nachdem die letzten Photos geschossen, die Filme aufgezeichnet und die Plätze eingenommen waren, begann endlich der offizielle Teil; einige Ansprachen und Show-Einlagen später wurden die ersten Bronze-Medaillen vergeben; im Schweizer Team ging jeweils eine an Daniel Graf und Simon Laube. Den Abend abgerundet haben die Übergabe der IOI-Flagge an die nächstjährigen Organisatoren aus Kanada und ein riesiges Feuerwerk, welches den Himmel über Plovdiv erhellte.